Auch wenn die Behauptungen andere sind, aber nur in wenigen Berufen geht es um Leben und Tod oder die Operation am offenen Herzen. Der Chirurg bringt zur Operation sein Handwerkszeug mit und sein anwendbares Wissen über Herzen. Bei dem Beruf des Psychotherapeuten geht es zwar auch um Handwerk resp. Behandlungstechniken, mehr aber um die emotionale Spannbreite zwischen Leben und Tod. Im Speziellen darum ein gutes Leben zu führen und in besonderen Fällen um die Vermeidung eines frühzeitigen Todes. Ein Chirurg kann jedes Herz technisch betrachten, ein Therapeut kann seine Technik nicht ohne Beziehungsaufbau bei dem Patienten “anwenden”, vielmehr ist die Herstellung einer guten Beziehung der Königsweg zur Heilung…
„Es ist halt so: Manche Menschen können bestimmte Dinge besser als andere. Das gilt für die Sprinter bei Olympia, die ja nicht alle gleichzeitig über die Ziellinie laufen. Das gilt aber auch für Ärzte, von denen einige öfter als andere die richtige Diagnose stellen. Und das gilt auch für Psychotherapeuten“, fasst Jan Schwenkenbrecher in seinem Artikel, überschrieben mit „Der Faktor Mensch2“, zusammen.
Es wäre banal zu behaupten, gute Chirurgen brächten die Patienten durch, die anderen nicht. Ebenso wie die Fähigkeiten eines Therapeuten danach zu kategorisieren, jedoch sind die Erfolge und Misserfolge eines chirurgischen Eingriffs messbarer, als die eines guten oder schlechten Therapeuten.
Der gute Verlauf einer Therapie, setzt eine Verbindung zwischen Psychotherapeut und Patient voraus. Therapie ist Beziehungsarbeit.
Der gute Verlauf einer Therapie, setzt eine Verbindung zwischen Psychotherapeut und Patient voraus (interpersonelle Fähigkeiten). Therapie ist Beziehungsarbeit. Therapieerfolge sind aus dem widersprüchlichen Verhältnis abzuleiten, indem Abstinenz und Empathie vom Therapeuten eingehalten werden und ausgehen müssen. Dabei sollen die Probleme des Patienten im Fokus stehen und die Privatsphäre des Therapeuten zumeist ausgespart bleiben. Jedoch ist eine ideale Therapiesituation am ehesten daran zu messen, ob sie „Erfolge“ im seelischen Erleben des Patienten bringt – ob die Angst weniger wird, die Beziehungsfähigkeit gesteigert, eine unverzichtbare Trennung vollzogen wird, der Lebensmut zurückkehrt.
„Sehr wichtig scheint zu sein, wie gut der Therapeut mit dem Patienten eine “Allianz” schmieden kann. Das bedeutet drei Dinge: Die Verbindung zwischen Patient und Therapeut, eine übereinstimmende Sichtweise auf die Ziele der Therapie und eine gleiche Einordnung der Aufgaben von Psychotherapie.“
Es gibt gute und schlechte Psychotherapeuten. Genauso wie es gute und schlechte Mediziner gibt. Es gibt Therapeuten, die gut ausgebildet sind, denen die Beziehungsarbeit aber nicht so gut gelingt, die sich ihrer Wirkweise auf den Patienten nicht ausreichend bewusst sind.
Jedoch wird es am Ende immer auf die Momente im geschützten Therapieraum ankommen, und darauf, ob Vertrauen gefasst werden kann und die Beziehung zwischen Therapeut und Patient produktiv gestaltet werden kann.