Psychologie Kulturkritik

Regression oder das Kind im Ich

14 Juli 2017

Markus Thiele

Regression oder das Kind im Ich

Regression, lateinisch “regredi”, bedeutet “zurückgehen”. Wer sich von altersentsprechenden Verhaltensweisen auf frühere Entwicklungsstufen zurückzieht, der regrediert.

Nur ein Teil der Menschen, der hohen Belastungssituationen ausgesetzt ist, kann diese auch bewältigen. Ein anderer Teil kommt damit nicht gut zurecht und zeigt daraufhin Verhaltensweisen, die einer entwicklungsmäßig früheren Stufe entsprechen. Die Regression ist aus psychoanalytischer Sicht ein Abwehrmechanismus, um die mit dem Scheitern verbundenen Minderwertigkeits-, Schuld- oder Angstgefühle nicht ins Bewusstsein gelangen zu lassen. Die bewusste Auseinandersetzung mit diesen sehr belastenden Inhalten wird in Form von Ersatzhandlungen, die jedoch nicht einem Erwachsenen adäquat sind, umgangen.

Freud hat oft mit Nachdruck betont, dass die infantile Vergangenheit jedes Einzelnen auch im Erwachsenenalter in uns psychisch repräsentiert bleibt. Die frühen Zustände können immer wieder hergestellt werden, das primitive Seelische ist im vollen Sinne unvergänglich.

Regression ist nicht nur in der Psychoanalyse sondern auch in der zeitgenössischen Psychologie ein sehr häufig verwendeter Begriff: Er wird zumeist als eine Rückkehr zu früheren Entwicklungsformen des Denkens, der Objektbeziehungen – also der zwischenmenschlichen Beziehungen – und des Verhaltens verstanden.

So ist ein plötzliches Einnässen eines Kindes, dass eigentlich schon trocken war, ein Beispiel einer Regression. Die Ursache könnte in der Geburt eines Geschwisterchens liegen, wodurch sich das Kind nun von den Eltern vernachlässigt fühlt und daraufhin regrediert, also klein und somit ebenfalls wieder besonders beachtenswert wird. Auch ein Erwachsener, der nach einer gescheiterten Partnerschafts-Beziehung wieder zurück zu seinen Eltern zieht, demonstriert damit, dass er noch regressive Versorgungswünsche an diese hat. 

Allerdings gibt es auch die “Regression im Dienste des Ich”, etwa wenn sich ein Manager zu einem Sabbatical “zurückzieht”, um anschließend wieder in seinen Job zurückzukehren, oft dann mit neuen Perspektiven und einem veränderten Tätigkeitsfeld. 

Freud hat oft mit Nachdruck betont, dass die infantile Vergangenheit jedes Einzelnen auch im Erwachsenenalter in uns psychisch repräsentiert bleibt. Die frühen Zustände können immer wieder hergestellt werden, das primitive Seelische ist im vollen Sinne unvergänglich. Er findet eine Rückkehr zur Vergangenheit auf verschiedenen Gebieten: Psychopathologie, Träume etc.. 

Das Wiederaufleben der Vergangenheit in der Gegenwart drückt sich auch in dem psychoanalytischen Begriff des Wiederholungszwangs aus.