Eine andere Perspektive: Sich in der Welt, wie sie ihm gefällt, zu behaupten, ist eines der großen Themen des Narzissten.
Der Begriff Kopfgeburt stammt aus der griechischen Mythologie. Göttervater Zeus wird prophezeit, dass seine Geliebte Metis ein Kind in die Welt setzen würde, welches eines Tages seinen Platz einnehme. Um dem vorzubeugen – sei es aus Geburtsneid, Machtbesessenheit oder beidem – verschlingt er sie und wird in Folge von heftigen Kopfschmerzen geplagt. Er bittet den göttlichen Schmied Hephaistos, ihm seinen Kopf zu zerschlagen. Was herauskommt, ist die mit einem Speer ausgestattete Athene. Athene verkörpert seitdem Geist, Weisheit und Intelligenz.
Zeus ist hierbei ganz offensichtlich von Geburtsneid getrieben, aber es geht bei ihm auch um die Angst durch Geburt mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert zu sein. Zur Abwehr versucht Zeus diese durch Introjektion abzuwehren und den Geburtsneid durch die Kopfgeburt zu sublimieren, indem er sie durch Weisheit zu ersetzen sucht.
Dieses Ereignis gilt nunmehr als Sinnbild für das, was man üblicherweise unter einer Kopfgeburt versteht: Kopfgeburten entstehen im Kopf von Männern und nicht im Bauch von Müttern. Für die Psychologie eine ernstzunehmende Unterscheidung, auch wenn sie so logisch daherkommt.
Kopfgeburten wiederum gelten aber andererseits auch als Totgeburten, weil es ihnen im wörtlichen Sinn an Überlebensfähigkeit fehlt.
Bei den Griechen hatten Kopfgeburten einen guten Ruf, galt nicht auch Sokrates als Profi der Mäeutik, der als Sohn einer Hebamme die Geburtshilfe für Erkenntnisse in Zwiegesprächen leistete. Geburtsmetaphorik beschreibt die Natalität des Schöpferischen. Nach Hannah Arendt ein „Neubeginn, der mit jeder Geburt in die Welt kommt“.
Kopfgeburten wiederum gelten aber andererseits auch als Totgeburten, weil es ihnen im wörtlichen Sinn an Überlebensfähigkeit fehlt.
Frauen können gebären, Männer sind nur zu Kopfgeburten fähig. Ihnen mangelt es demnach an der Fähigkeit biologischen Neubeginn zu schaffen. Während Frauen in der Schwangerschaft durch die Hormonproduktion und das Austragen des Kindes eine organische Verwandtschaft mit dem Leben empfinden können, muss der Mann als Vater seine Rolle erst mühsam finden. Männer scheitern nicht selten daran, dass sie sich in der symbolischen Ordnung und der Position des Vaters nicht mit der ersehnten Natürlichkeit einfinden.
Trotz allem gilt, dass nicht nur der Mann seine Rolle konstruiert: „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es“, schreibt Judith Butler in „Das Unbehagen der Geschlechter“. Ebenso gilt: „Man wird nicht als Mann geboren, man wird es.“ Gegenwärtig wird Männlichkeit als toxische Nachgeburt eines problematischen Rollenverständnisses dechiffriert und nicht als ein zu rechtfertigendes quasi naturgegebenes Phänomen.
Wie dem auch sei: Nur im Spannungsverhältnis von biologisch-natürlichen und symbolisch-kognitiven Geburtsprozessen kann die Sehnsucht nach Lebendigkeit zur Welt kommen.