Psychologie Kulturkritik

Der Name Des Vaters

26 Februar 2020

Markus Thiele

Der Name Des Vaters

Der Name des Vaters (auch: Der symbolische Vater) beschreibt eine Theorie von Jacques Lacan (französicher Psychoanalytiker, der die Schriften Freuds interpretiert und weitergeführt hat). Übersetzt ins Französische sagt man: Nom-du-Père, in dessen Formulierung lautsprachlich das sogenannte „Nein” des Vaters klingt. Eine weitere Assoziation versetzt direkt in die Kirchenbank: Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Nichts davon assoziiert sich zufällig mit der Bezeichnung der Theorie.

Lacans Theorie unter Ausschluss der speziellen Lacanschen Grammatik zu verstehen, ist ebenso komplex wie z. B. das In-der-Welt-sein von Heidegger zu verstehen, ohne in den Heideggerschen Sprachkosmos eingestiegen zu sein.

Es ist wohl das eigene Betroffensein von den Theorien, das ein Verständnis ermöglichen kann: Das Von-sich-selbst-aus-Denken.

Nach Lacan sind wir alle vom „Nein“ des Vaters betroffen. Vorweg ist wichtig zu unterscheiden, dass innerhalb der Theorie angenommen wird, dass der Vater nicht als realer, sondern als symbolischer Vater gemeint ist. In gleichgeschlechtlichen Beziehungen wird angenommen, dass jemand die Instanz des Vaters als derjenige, der die Gesetze formuliert, übernimmt. Der Vater ist in diesem Fall deshalb vor allem als zu übernehmende Position gedacht:

Der Name des Vaters ist die Installierung des Inzestverbots im Unbewussten. Dieses Verbot wiederum erschafft Begehren. Natürlicherweise ist es der Vater, der die Mutter auf Abstand zum Kind bringt, die eng mit diesem verbunden ist. Und umgekehrt. Er weckt dadurch das Begehren des Kindes, das im Weiteren nicht nur auf die Mutter, sondern auf andere Subjekte gerichtet werden kann. Es entsteht ein flexibles Begehren, dass nicht nur die Mutter und auch nicht mehr nur das Begehren der Mutter begehrt.

Rolf Nemitz benutzt das Bild, dass der Vater derjenige ist, der die naturgegebene enge Bindung zur Mutter dadurch unterbricht, dass er das Kind buchstäblich aus dem Bett schmeißt.

Rolf Nemitz (u. a. Herausgeber des Blogs „Lacan entziffern“) benutzt das Bild, dass der Vater derjenige ist, der die naturgegebene enge Bindung zur Mutter dadurch unterbricht, dass er das Kind buchstäblich aus dem Bett schmeißt.

Weniger steht hierbei der Verlust einer Bindung zur Debatte, als vielmehr die Freisetzung eines Begehrens, das sich so auf andere Subjekte richten kann und soll.

Das Inzestverbot sichert also nicht nur im biologischen Sinne eine Generationenfolge, sondern ist hier auch als solches zu verstehen, dass gesunde Bindungen entstehen lässt, wenn die Triade von Kind auf funktioniert. Es ist als eine Art Ersetzungsbeziehung zu verstehen: Denn an die Stelle des Wunsches das Ein und Alles der Mutter zu sein, tritt die Übernahme des Verbots des Vaters.

Die Unterlassung dieses Verbots führt zu unterschiedlichen Krankheitsbildern, wie z. B. zu Psychosen. Aber auch „Dauerkriegsbeziehungen“ zur Mutter sind ein Versuch, so aus eigenen Kräften in eine Distanz zu geraten, die das Begehren auf funktionale Beziehungen richten kann.

Das „Nein“ des Vaters ist also mehr als ein klassisches Verbot aus patriarchalen Zeiten. Es ist ein „Nein“ der Befreiung für das Kind, das im Weiteren ein selbständiges, auf Liebe basierendes Verhältnis zu seiner Mutter pflegen kann.